Übergewinnsteuer möglichweise verfassungswidrig?

An der Verfassungsmäßigkeit des EU-Energiekrisenbeitrags bestehen ernstliche Zweifel, stellt das Finanzgericht Köln fest. Ein im Energie- und Raffineriebereich tätiges Unternehmen hatte sich gegen die Festsetzung des EU-Energiekrisenbeitrags gewehrt.

Das mit dem Jahressteuergesetz 2022 eingeführte deutsche EU-Energiekrisenbeitragsgesetz basiert auf einer EU-Verordnung, die als Notfallmaßnahme und in Reaktion auf die hohen Energiepreise infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine erlassen wurde. Ziel der Verordnung ist es, Unternehmen im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich, die durch die Energiekrise unerwartet hohe Gewinne erzielt haben, zu einem befristeten Solidaritätsbeitrag heranzuziehen, um die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Endkunden abzumildern.

Darum ging es im Streitfall

Die im Energie- und Raffineriebereich gewerblich tätige Antragstellerin wendet sich im Rahmen eines anhängigen Klageverfahrens vor dem Finanzgericht Köln gegen die Festsetzung eines EU-Energiekrisenbeitrags (sog. Übergewinnsteuer). Sie forderte zudem beim Antragsgegner, dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), bereits vor der Entscheidung über die Klage die Rückerstattung des bezahlten EU-Energiekrisenbeitrags. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des EU-Energiekrisenbeitragsgesetzes. Das BZSt lehnte den Antrag ab und verwies u. a. darauf, dass das Gesetz auf rechtlich bindendem europäischem Recht beruhe. Daraufhin begehrte die Antragstellerin auch vorläufigen Rechtsschutz durch das Finanzgericht Köln.

Diesen gewährte das Finanzgericht Köln (Beschluss vom 20.12.2024 – 2 V 1597/24). Die Richter des 2. Senats führten aus, dass schon aus europarechtlicher Sicht zweifelhaft sei, ob eine hinreichende Rechtsgrundlage für den Erlass der EU-Verordnung zur Einführung des Energiekrisenbeitrags bestehe. Diese Frage sei bereits Gegenstand eines vom belgischen Verfassungsgerichtshof gestellten Vorabentscheidungsersuchens beim EuGH unter dem Aktenzeichen C-358/24. Darüber hinaus bestünden aber auch Zweifel, ob der Energiekrisenbeitrag mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar sei, insbesondere hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz des Bundes, der Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG und der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG.

BFH hat das letzte Wort

Es könne offenbleiben, ob bei ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit einer Norm zudem ein besonderes Aussetzungsinteresse vorliegen müsse. Denn eine Gefährdung der Haushaltsführung des Bundes durch die vorläufige Rückerstattung des EU-Energiekrisenbeitrags sei nicht erkennbar. Den aus dem Energiekrisenbeitragsgesetz erwarteten Einnahmen von 1 bis 3 Milliarden Euro stehe ein Gesamtsteueraufkommen von über 900 Milliarden Euro gegenüber, sodass das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung nicht überwiege. Auch sei keine Sicherheitsleistung für die aufgrund der Gerichtsentscheidung vorläufig bewilligte Rückerstattung anzuordnen. Eine konkrete Existenzgefährdung der Antragstellerin habe der Senat nicht feststellen können.

Die im vorläufigen Rechtsschutz ergangene Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das BZSt hat gegen den Beschluss die vom Senat zugelassene Beschwerde eingelegt, die unter dem Aktenzeichen II B 5/25 (AdV) beim BFH in München geführt wird.

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