Vom Nebenschauplatz zum Schlagwort des 21. Jahrhunderts
Neben ökonomischen Gesichtspunkten müssen sich Unternehmen heutzutage mit dem Thema Nachhaltigkeit und somit auch mit ökologischen und sozialen Aspekten ihres Wirtschaftens verpflichtend und ernsthaft auseinandersetzen.
So stellen die EU-Taxonomie, die EU-Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in Verbindung mit den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) und die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) den Rahmen der neuen Nachhaltigkeitsberichterstattung dar, der die Nachhaltigkeitsberichterstattung in Europa auf eine neue Qualitätsstufe heben wird.
Verspätete Umsetzung der CSRD und geplante Vereinfachungen der Berichtsplichten
Die Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in deutsches Recht wurde nicht wie geplant im Jahr 2024 umgesetzt. Damit zählt Deutschland zu einer Minderheit von Ländern, die gegen EU-Recht verstoßen. Entsprechend hat die EU-Kommission im September letzten Jahres gegen Deutschland und 16 weitere Mitgliedstaaten ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Anfang Januar steht die Umsetzung neben Deutschland in nur noch 8 weiteren Ländern aus.
Mögliche Wettbewerbsverletzungen und Grundsatz der Rechtssicherheit
Für die Einschätzung der weiteren Entwicklung ist wichtig, dass es zu Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der Unternehmen in Ländern kommen könnte, die die CSRD umgesetzt haben und deren Unternehmen mit erheblichem Aufwand eine Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß der CSRD erstellen. Bis Ende 2024 waren das die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten. Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit sollten diese darauf vertrauen können, dass Ihnen für ihr gesetzestreues Verhalten keine Nachteile entstehen und die Rechtsgrundlage nicht nachträglich und rückwirkend wesentlich verändert oder aufgehoben wird. Dazu dürfte auch eine Verschiebung um mehrere Jahre oder eine deutliche Anhebung der Schwellenwerte zählen.
Politische Diskussion in Deutschland
Führende deutsche Politiker fast aller Parteien hingegen haben, verstärkt noch einmal nach dem Ende der Ampel-Koalition, eine deutliche Entlastung der Unternehmen von der so wahrgenommenen „bürokratischen Überforderung“ durch die CSRD und andere EU-Regelungen zur Nachhaltigkeit wie das deutsche und europäische Lieferkettensorgfaltspflichten-Gesetz LkSG bzw. CSDDD, die Importvorschriften der Entwaldungsverordnung EUDR und das CO2-Grenzausgleichssystem CBAM verlangt. Diese politische Diskussion hat zu einem Schreiben der Bundesregierung kurz vor Weihnachten 2024 an die EU-Kommission geführt, indem eine Verschiebung der Einführung der CSRD, eine Erhöhung der Schwellenwerte, ein Verzicht auf die Einführung weiterer Standards und eine deutliche Verminderung der Datenpunkte gefordert wurde.
ESG Omnibus Simplification Package der EU-Kommission
Auch in anderen EU-Staaten wie Frankreich, dass die CSRD allerdings fristgerecht umgesetzt hat, gibt es Forderungen nach Vereinfachungen der unbestreitbar umfangreichen und im Einzelfall nicht abgestimmten Nachhaltigkeitsvorschriften. Kommissionspräsidentin von der Leyen hat nach einem Treffen mit den EU-Staats- und Regierungschefs bereits am 8. November 2024 in Budapest zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der EU ein ESG Omnibus Simplification Package (OSP) angekündigt, welche die bestehenden und künftigen ESG-Berichtspflichten bündeln und vereinfachen soll. Dabei geht es vorrangig um die CSRD, die CSDDD und die EU-Taxonomie-Verordnung. Die Änderungen sollen zu einer Reduzierung der Berichtspflichten um mindestens 25% führen und entsprechende Vorschläge noch im ersten Halbjahr 2025 vorliegen. Im Mittelpunkt sollen Angabepflichten stehen, die aus Sicht der EU-Kommission redundant und überlappend sind. Betont wurde aber auch, dass die Inhalte der Richtlinien und Verordnungen im Kern erhalten bleiben sollen. Für Ende Februar 2025 wird mit der Veröffentlichung des geplanten Inhalts des OSP gerechnet.
Chancen und Notwendigkeit der grünen Transformation
Aktuell steht die regulatorische Entwicklung für mittelständisch geprägte Kapitalgesellschaften im Fokus. Kapitalmarktorientierte Unternehmen sollen weiterhin eine entsprechende Nachhaltigkeitsberichterstattung erstellen. Es sollte weiter mitgedacht werden, dass viele Geschäftspartner Nachhaltigkeitsdaten fordern (müssen), viele Kunden nachhaltiges Wirtschaften erwarten und das nicht zuletzt für Investoren und Finanzinstitute Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitskennzahlen eine große Rolle spielen. Der Druck kommt eben von allen Seiten und nicht nur von der Regulatorik. Daneben ist im vergangenen Jahr mehr als deutlich geworden, dass die steigenden, durch den Klimawandel verstärkten Kosten von Bränden, Überschwemmungen und Dürren gegen die Kosten des Klimaschutzes abzuwägen sind. Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel bedarf aber auch auf Unternehmensebene einer verlässlichen Datenbasis, um Konzepte, Maßnahmen und Ziele entwickeln zu können.
Am Beispiel der Automobilindustrie wird außerdem bis heute deutlich, welche Chancen sich bieten können, wenn ein Unternehmen frühzeitig auf nachhaltige Produkte gesetzt hat. Das gilt für den Pionier aus den USA ebenso wie für die zunehmend erfolgreichen, chinesischen Anbieter. Auf jeden Fall ist es erforderlich, auch über mögliche strategische Wettbewerbsvorteile nachzudenken, die sich aus der grünen Transformation ergeben könnten und das Thema Nachhaltigkeit nicht nur auf die Erfüllung regulatorischer Anforderungen zu reduzieren. Hier spielt auch die Berichterstattung im Rahmen der Lieferkette an zumeist börsennotierte Automobilkonzerne eine wichtige Rolle für die Beschäftigung mit der Thematik. Nachhaltigkeit ist nicht lediglich ein vorübergehendes Thema, sondern gekommen, um zu bleiben.
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Historie
Bekanntgabe
2015
Pariser Klimaschutzabkommen
Globales Regime zur Bekämpfung des Klimawandels
Inkrafttreten
2017
CSR-Richtline Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) EU
Nationale Umsetzung der Non-Financial Reporting Directive (NFRD)
Bekanntgabe
2019
EU Green Deal EU
Maßnahmenbündel, um in Europa bis spätestens 2050 Klimaneutralität zu erreichen
Inkrafttreten
2020
EU-Taxonomie Verordnung EU
Klassifikationssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten
Bekanntgabe
2023
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG)
Verpflichtung deutscher Unternehmen zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten entlang ihrer Lieferkette
Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) EU
Erweiterung des Anwenderkreises und der bestehenden Berichtspflichten
Inkraftreten
2024
Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CS3D) EU
Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen bzgl. ihrer Lieferanten bzw. ihrer Lieferkette im Kontext Nachhaltigkeit
Bislang war nur eine begrenzte Anzahl von Unternehmen nach dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) zur Offenlegung von folgenden Themen in ihrem Lagebericht oder einem separaten Nachhaltigkeitsbericht verpflichtet:
- Umweltbelange
- Sozialbelange
- Arbeitnehmerbelange
- Menschenrechte
- Bekämpfung von Korruption und Bestechung
Inhaltliche Vorgaben wurden über die oben genannten Belange hinaus nicht gemacht. Es konnten sowohl nationale als auch europäische Standards verwendet werden. In Deutschland wurden hauptsächlich die Berichtsstandards der Global Reporting Initiative (GRI) sowie des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) angewandt.
Aufzeichnung Webinar: Basiswissen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung
In unserem Webinar Basiswissen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung haben die Nexia Sustainability Experten ein ausführliches Intro in die Thematik gegeben. Was genau ist die CSRD? In welchem Umfang muss mein Unternehmen berichten? Welche Regularien kommen außerdem auf mich zu? Diese und noch mehr Fragen wurden in dem Webinar beantwortet.
Das Webinar wurde aufgezeichnet, Sie können das Video kostenfrei anfordern!
Das wird sich in der Nachhaltigkeitsberichterstattung ändern
Mit der neuen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wird die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung auf EU-weit circa 50.000 Unternehmen ausgeweitet. Bisher waren es schätzungsweise nur knapp 12.000 Unternehmen. Die an die CSRD geknüpften European Sustainability Reporting Standards (ESRS) definieren darüber hinaus die inhaltlichen Vorgaben der CSRD und geben an, welche Informationen in einen Nachhaltigkeitsbericht mit aufgenommen werden müssen. In Deutschland erfolgt die Umsetzung der CSRD über das CSRD-Umsetzungsgesetz, dessen Referentenentwurf das Bundesministerium der Justiz Ende März 2024 veröffentlicht hat und welches seit Ende Juli als Regierungsentwurf vorliegt.
Unabhängig davon, ob man von Nachhaltigkeitsmanagement, Nachhaltigkeitsberichterstattung, CSR-Management und CSR-Berichterstattung, Corporate Social Responsibility (CSR) oder Sustainability Reporting spricht: Neben den eingeführten regulatorischen Vorgaben erwarten auch Shareholder und Stakeholder zunehmend, dass den Worten Taten folgen.
Haben Sie Fragen zu den regulatorischen Grundlagen der zukünftigen Nachhaltigkeitsberichterstattung?
Ansprechpartner
Haben Sie Fragen oder benötigen Sie Unterstützung?
Wenden Sie sich gerne an unsere Spezialisten.
Dr. Stefan Grabs
Partner, Head of Sustainability, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Sustainability-Auditor IDW
Weitere Ansprechpartner
Santosh Varughese
Managing Partner, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Certified Public Accountant (U.S.)