Nachhaltigkeitsberichterstattung: Von „nice to have“ zum „must have“

Im Hinblick auf die bevorstehende Nachhaltigkeits-Berichterstattungsrichtlinie (CSRD) und andere wichtige Offenlegungsvorschriften ist eine effektive Nachhaltigkeitsberichterstattung eine zwingende Voraussetzung für die Unternehmens-Compliance.

Nachhaltigkeitsaspekte sind für Unternehmen jeder Größe immer bedeutender. Die zunehmende Anzahl an weltweit entstehenden Gesetzen und Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstattung kann von Unternehmen nicht mehr vernachlässigt werden: Investoren und weitere Stakeholder fordern immer vehementer Informationen über deren Leistung in nichtfinanziellen Bereichen ein.

Diese Forderung spiegelt sich wider im Wandel von global freiwilligen Initiativen hin zu einer verpflichtenden Berichterstattung. Zu nennen sind insbesondere die folgenden Regelungen:

  • die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD),
  • die EU-Verordnung über nachhaltige Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (SFDR),
  • die European Sustainability Reporting Standards (ESRS),
  • das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) sowie
  • die Richtlinie zur unternehmerischen Nachhaltigkeits-Due-Diligence (CSDDD).

Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)/ European Sustainability Reporting Standards (ESRS)

Im Jahr 2022 haben die EU-Institutionen eine Richtlinie für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive - CSRD) verabschiedet. Die Richtlinie ist am 5. Januar 2023 in Kraft getreten und muss innerhalb von 18 Monaten von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden.

Die Berichtsanforderungen der CSRD werden für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2024 zunächst für einen eingeschränkten Kreis von Unternehmen gelten, der dann sukzessive erweitert wird:

  • für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2024: Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Mitarbeiter*innen (sogenannte große PIEs),
  • für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2025: alle großen Unternehmen/Unternehmensgruppen basierend auf den handelsrechtlichen Größenklassen,
  • für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2026: kapitalmarktorientierte KMU, sofern sie nicht von der Möglichkeit des Aufschubs bis 2028 Gebrauch machen.

Die bestehenden Berichtspflichten bezüglich Nachhaltigkeitsaspekten wie Umwelt, Soziales, Menschenrechte und Corporate Governance werden vereinheitlicht. Um die Nachhaltigkeitsberichterstattung innerhalb der EU zu standardisieren, sollen in Zukunft die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) einen einheitlichen, konsistenten und vergleichbaren Berichtsrahmen bilden. Die ESRS als integraler Bestandteil der CSRD präzisieren den Umfang und die Struktur der Vorgaben der EU-Richtlinie zur Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und sind verpflichtend anzuwenden.

Der Nachhaltigkeitsbericht wird als ein eigener Abschnitt im (Konzern-)Lagebericht veröffentlicht werden. Mit der CSRD wird eine externe Prüfungspflicht für die Nachhaltigkeitsberichterstattung mit begrenzter Prüfungssicherheit („limited assurance“) eingeführt. Bis 2028 wird die Europäische Kommission die Möglichkeit eines Übergangs zu einer Prüfung mit ausreichender Sicherheit („reasonable assurance“) prüfen.

Der Entwurf zur deutschen Umsetzung der CSRD steht aktuell noch aus, wird aber noch vor Jahresende 2023 erwartet. Es bleibt abzuwarten, wie der deutsche Gesetzgeber mit den Mitgliedstaatenwahlrechten umgeht, wie zum Beispiel, wer neben dem Abschlussprüfer als möglicher weiterer Prüfer für die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung zugelassen wird.

Betroffene Unternehmen sollten schnellstmöglich mit der Einarbeitung in die entsprechenden Standards beginnen und die zu berichtenden Themen durch eine Wesentlichkeitsanalyse nach ESRS auf die für sie relevanten Themen reduzieren.

Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR)

Die Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzprodukte verpflichtet Vermögensverwalter und andere Finanzmarktteilnehmer zur verbindlichen Offenlegung von ESG-Kriterien. Ziel der SFDR ist die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Finanzmarktteilnehmer (FMP) und Finanzberater in Bezug auf die Transparenz von Nachhaltigkeitsrisiken, die Berücksichtigung negativer Nachhaltigkeitsauswirkungen in ihren Investmentprozessen und die Bereitstellung nachhaltigkeitsbezogener Informationen zu Finanzprodukten. Die Einführung der Verordnung erfolgte stufenweise in den Jahren 2021 bis 2023.

Die meisten Angaben gemäß der SFDR müssen bereits seit dem März 2021 veröffentlicht werden. Seit dem 1. Januar 2023 gilt für Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der SFDR fallen, die Stufe 2 der SFDR. SFDR-Level 2 enthält detaillierte Offenlegungsanforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit, einschließlich verbindlicher Berichtsvorlagen und Methoden. Danach müssen Unternehmen die Berichtsvorlagen (Key Impact Indicators) implementieren, die Methoden einhalten und die Informationen gemäß den Offenlegungsanforderungen von SFDR darstellen.

Seit der Einführung im März 2021 wurde das SFDR-Regime durch technische Standards, Q&As, Erläuterungsdokumente und aufsichtsrechtliche Erwartungen konkretisiert.

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)

Das Gesetz zur Sorgfaltspflicht in Lieferketten ist seit dem 1. Januar 2023 in Deutschland gültig und regelt die unternehmerische Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten in globalen Lieferketten. Hierzu gehören beispielsweise der Schutz vor Kinderarbeit, das Recht auf faire Löhne und der Schutz der Umwelt. Das LkSG gilt zunächst für Unternehmen mit mindestens 3.000, ab 2024 auch für Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmer*innen im Inland.

Das Lieferkettengesetz enthält einen abschließenden Katalog von elf international anerkannten Menschenrechtsübereinkommen. Aus den dort geschützten Rechtsgütern werden Verhaltensvorgaben bzw. Verbote für unternehmerisches Handeln abgeleitet, um eine Verletzung geschützter Rechtspositionen zu verhindern.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Außenkontrolle (BAFA) setzt das Lieferkettengesetz seit dem 1. Januar 2023 um. Für die Überwachung des Lieferkettenmanagements der Unternehmen ist die Behörde mit effektiven Durchsetzungsinstrumenten ausgestattet. Kommen Unternehmen ihren gesetzlichen Pflichten nicht nach, können Bußgelder verhängt werden bzw. droht ein Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge.

Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD)

Am 23. Februar 2022 veröffentlichte die Europäische Kommission ihren Vorschlag für eine EU-weite „Lieferkettenrichtlinie“ (Corporate Sustainability Due Diligence Directive - CSDDD). Ziel ist es, Unternehmen dazu zu verpflichten, ihre eigene Tätigkeit in globalen Wertschöpfungsketten nachhaltig und verantwortungsvoll zu gestalten. Der Richtlinienentwurf zur CSDDD legt die unternehmerischen Sorgfaltspflichten entlang der Wertschöpfungskette fest. Damit unterscheidet er sich von der CSRD, die den Inhalt der Nachhaltigkeitsberichterstattung regelt. Überschneidungen bestehen mit der Taxonomie-Verordnung und den darin definierten Minimum Safeguards.

Am 1. Juni 2023 wurde der Richtlinienentwurf für die CSDDD vom Europäischen Parlament angenommen. Der Entwurf sieht vor, den ursprünglichen Entwurf der Europäischen Kommission zu verschärfen. Der Rat der Europäischen Union hat am 30. November 2022 seine allgemeine Ausrichtung beschlossen. Im Vorschlag der Europäischen Kommission sind deutlich striktere Regelungen in der CSDDD im Vergleich zum deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz erkennbar.

Es wird davon abhängen, wie die Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat, die am 8. Juni 2023 begonnen haben, enden, welcher Text als endgültige Richtlinie gilt. Anfang 2024 könnte eine endgültige Richtlinien-Einigung erzielt werden. Nach Genehmigung durch die europäische Legislative muss die CSDDD innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht der einzelnen EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden.

Ausblick: Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2024

Die Europäische Kommission hat ihr Arbeitsprogramm für 2024 veröffentlicht, welches eine Liste von Maßnahmen enthält, die sie im kommenden Jahr ergreifen wird.

Im Jahr 2024 wird sich die Kommission unter anderem auf die Verringerung der Berichtsanforderungen für Unternehmen konzentrieren.

Das Paket zur Verringerung der Berichtslast hat zum Ziel, die Berichterstattung in verschiedenen Bereichen zu reduzieren und zu straffen. Es hat Auswirkungen auf die Umsetzung der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) und die EU-Taxonomie-Verordnung. Einige wichtige Vorschläge sind die gezielte Anpassung der Größenkriterien für Unternehmen, die unter die Berichtspflichten der CSRD fallen und die Verschiebung der Frist für die Übernahme sektorspezifischer und drittlandsbezogener europäischer Nachhaltigkeitsberichtsstandards (ESRS) von Juni 2024 auf Juni 2026. Darüber hinaus ist eine Klarstellung der EU-Taxonomie-Verordnung in Arbeit, wonach es nicht erforderlich ist, Tätigkeiten zu bewerten, die für die Geschäftstätigkeit nicht wesentlich sind oder für die den Unternehmen keine Nachweise oder Daten zu Einhaltung der Vorschriften vorliegen.

Fazit

Die Welt ist im Wandel. Damit ist nicht nur der Klimawandel gemeint, sondern auch die entsprechenden Nachhaltigkeitsregularien. Immer neu aufkommende Initiativen und Standards bedürfen einer genauen Einordnung. Die Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in der EU hat die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung erhöht. Neben erhöhten Anforderungen wird sich aber auch der Anwenderkreis stark vergrößern. Viele Unternehmen, die zuvor noch keine Nachhaltigkeitsinformationen offenlegen mussten, werden Berichterstattungspflichten unterliegen. Dies erfordert eine sorgfältige Planung und hat direkte Auswirkungen auf die Berichtsprozesse.

Unternehmen sollten sich dringend auf die CSRD und die anderen für sie relevanten Regelungen vorbereiten. Sie sollten prüfen, welche der Anforderungen für ihre Geschäftstätigkeit wesentlich sind, und umfassende Pläne zur Erfassung und Offenlegung relevanter Informationen erarbeiten.

Nachhaltigkeit ist zum großen Teil eine Herausforderung auf der Datenebene. Die Erzeugung, Erfassung und Verarbeitung der relevanten Daten sind mit einem hohen organisatorischen Aufwand verbunden. Verschiedenste Unternehmensbereiche müssen an diesem Prozess beteiligt werden.

Gerne bieten wir bei Fragen zur erweiterten Berichtspflicht im Themenfeld der Nachhaltigkeit unsere Unterstützung an.

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Dr. Stefan Grabs

Partner, Head of Sustainability, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Sustainability-Auditor IDW

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