Zur Umsatzbesteuerung von Fitnessstudio-Beiträgen während Corona
Maßgeblich für eine Umsatzbesteuerung der Mitgliedsbeiträge während des Lockdowns ist laut dem Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts, ob ein Leistungsaustausch im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG zwischen den Zahlungen der Mitglieder und den Leistungen des Fitnessstudios vorliegt. Diese Frage wird grundsätzlich nicht nach zivilrechtlichen, sondern ausschließlich nach den vom Unionsrecht geprägten umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben beantwortet. Bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrags, durch den sich eine Vertragspartei zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen und die andere sich hierfür zur Zahlung einer Gegenleistung verpflichtet, liegt jedoch regelmäßig auch ein Leistungsaustausch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne vor.
Wie sieht das der BGH?
Der Bundesgerichtshof hat insoweit für das Zivilrecht bereits entschieden, dass Leistungen eines Fitnessstudios bei coronabedingter Schließung wegen Zeitablaufs nicht mehr nachholbar sind und der Betreiber nach § 275 Abs. 1 BGB von seiner Leistungsverpflichtung frei wird, gleichzeitig aber seinen Anspruch auf die Gegenleistung nach § 326 Abs. 1 BGB verliert (BGH, Urteil vom 04.05.2022 – XII ZR 64/21, BGHZ 233, 266).
Das sagen die Finanzgerichte
Auf dem Gebiet des Umsatzsteuerrechts waren bisher Entscheidungen des FG Hamburg und des FG Schleswig-Holstein ergangen. Das FG Hamburg hat in einem ähnlich gelagerten Fall, in dem allerdings „nur“ mit einem Aushang vor Ort und in den sozialen Medien Gratis-Monate für die Schließzeit sowie Alternativleistungen angeboten worden waren, das Vorliegen eines Leistungsaustauschs verneint (Urteil vom 16.02.2023 – 6 K 239/21). Das FG Schleswig-Holstein hat entschieden, dass die vereinnahmten Mitgliedsbeiträge jedenfalls mit dem Leistungsbündel der im dortigen Fall erbrachten Alternativleistungen (Online-Kurse u.ä.) in einem Leistungsaustausch stünden (Urteil vom 16.11.2022 – 4 K 41/22).
Das Urteil im aktuellen Streitfall
Mit Urteil vom 23.05.2023 (5 K 59/22) hat nun das Niedersächsischen Finanzgericht entschieden, dass sich die Parteien zu Beginn der Schließung auf eine Änderung des jeweiligen Vertrags dergestalt geeinigt haben, dass die Betreiberin der Fitnessstudios ihre Leistungen (teilweise) im Anschluss an die reguläre Vertragslaufzeit und das jeweilige Mitglied die Gegenleistung vorab während der Schließzeit erbringt. Dies folge daraus, dass dies sämtlichen Kunden zu Beginn der Schließung persönlich und unmittelbar per E-Mail angeboten worden sei, sodass die schlichte Fortzahlung der Mitgliedsbeiträge nach dem objektiven Empfängerhorizont als konkludente Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden gemäß § 151 BGB zu verstehen sei.
Im Ergebnis führe dies dazu, dass zwischen den Beitragszahlungen der Mitglieder und den später zu erbringenden Leistungen der Fitnessstudiobetreiberin ein Austauschverhältnis vorliege und die Zahlungen als Vorauszahlungen im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien.
Hinweis: Der Streitfall zeigt, dass zahlreiche Fragen aus der Pandemiezeit noch offen und streitig sind. Haben Sie auch Ärger mit dem Finanzamt? Gerne beraten wir Sie!
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