Zinshöhenschranke nach § 4l EStG-E: Auswirkungen und Praxisrelevanz

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 12. 07. 2023 einen Referentenentwurf u.a. zur geplanten Einführung einer sog. „Zinshöhenschranke“ gemäß § 4l EStG-E vorgelegt. Bereits am 30.08.2023 wurde dieser Entwurf durch die Bundesregierung als Regierungsentwurf verabschiedet. Das BMF verspricht sich davon, eine gerechtere Steuergestaltung zu schaffen und will dabei klare Grenzen für Zinsaufwendungen bei konzerninternen Finanzierungen setzen.

Die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Steuergesetzgebung werfen ein Licht auf eine bemerkenswerte Neuerung: Die geplante Einführung der Zinshöhenschranke gemäß § 4l Einkommensteuergesetz (EStG-E) im Gesetzesentwurf markiert einen weiteren Schritt hin zur stärkeren Regulierung der konzerninternen Finanzierungen und somit auch der Verrechnungspreisstrukturen von global agierenden Unternehmen (MNE) in Deutschland.

Wird der Gesetzesentwurf voraussichtlich Ende 2023 vom Gesetzgeber beschlossen, wird dies starke Auswirkungen auf konzerninterne Finanzierungen haben. Wir raten daher, die bestehenden konzerninternen Finanzierungstrukturen und Verrechnungspreise sowie deren Vertragsgestaltungen frühzeitig zu überprüfen, um nicht in eine Zinshöhendebatte mit der deutschen Finanzverwaltung spätestens in einer zukünftigen Betriebsprüfung zu geraten.

Die Zinshöhenschranke im Überblick

Die für 2024 geplante Zinshöhenschranke gemäß § 4l EStG-E zielt darauf ab, die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen im Intercompany Bereich einzuschränken, sofern der konzernintern vereinbarte Zinssatz auf einem über dem (steuerlich) festgelegten Höchstsatz liegenden Zinssatz beruht. Der Zins-Höchstsatz soll durch den um zwei Prozentpunkte erhöhten Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) festgelegt werden. Das bedeutet, dass Zinsaufwendungen, die den festgelegten Höchstsatz überschreiten, nicht mehr steuermindernd absetzbar sind.

Basiszinssatz nach § 247 BGB

Die Deutsche Bundesbank berechnet nach den gesetzlichen Vorgaben des § 247 Abs. 1 BGB den Basiszinssatz und veröffentlicht seinen aktuellen Stand gemäß § 247 Abs. 2 BGB im Bundesanzeiger.

Der Basiszinssatz des BGB dient vor allem als Grundlage für die Berechnung von Verzugszinsen, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Anpassung erfolgt halbjährlich, jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres, um die Prozentpunkte, um den seine Bezugsgröße seit der letzten Änderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gesunken ist. Ende August 2023 beläuft sich dieser Basiszinssatz auf 3,12 %.

Anwendungsbereich und Ausnahmen

Es ist zu betonen, dass diese Regelung vorbehaltlich spezifischer Bedingungen nur für Zinsaufwendungen aufgrund einer Geschäftsbeziehung zwischen nahestehenden Personen gemäß § 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes (AStG) gilt, ohne die Fremdkapitalaufnahme von Dritten zu berühren. Doch gibt es auch hier Ausnahmen. Eine Gegenbeweismöglichkeit erlaubt den Abzug von Zinsen bis zur günstigsten Finanzierungsmöglichkeit, die dem Steuerpflichtigen selbst und der obersten Muttergesellschaft zur Verfügung steht. Die genaue Interpretation dieser Möglichkeit und die notwendigen Nachweise sind jedoch noch offen und lassen viel Spielraum für eventuell noch laufende konzerninterne Finanzierungen.

Eine weitere sog. „Substanzausnahme“ von dieser Beschränkung kann vorliegen, wenn die Geldgeberpartei der konzerninternen Finanzierung (der Gläubiger) im Sitzstaat eine bedeutende wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Ausschlaggebend ist jedoch, dass der Staat, in dem der Gläubiger ansässig ist, Amtshilfe leistet.

Herausforderungen für die Fremdüblichkeit des Zinssatzes

Die geplante Zinshöhenschranke bringt diverse Herausforderungen für deutsche Unternehmen mit sich, insbesondere für solche mit schlechter Bonität oder bei hohen Refinanzierungszinsen des verbundenen Gläubigers im Konzern.

Zum einen wird die bisherige unternehmerisch-individuelle Flexibilität des Steuerpflichtigen, einen angemessenen Verrechnungspreis innerhalb einer Verrechnungspreisbandbreite anwenden zu können, aufgrund der Zinshöhenschranke und mit der Fixierung eines 2%-Aufschlags auf den o.g. Basiszins deutlich eingeschränkt.

Zum anderen ist bereits ein Konflikt zum OECD-Musterabkommen zu erkennen. Aus internationaler Sicht wirft der Gesetzesentwurf zur Zinshöhenschranke viele Fragen auf. Der o.g. Basiszins berücksichtigt einen Verzugszinssatz, der in der Regel für deutlich kurzfristigere Darlehen zu betrachten ist als die oft vorherrschenden mittel- bis langfristigen Finanzierungen im Konzern und deren zinssatzbeeinflussende Zinssatzfaktoren (z.B. Risiko-Beta-Faktor etc.). Zudem widerspricht die geplante Regelung dem Artikel 9 des OECD-Musterabkommens zur fremdüblichen Darlehensvergabe. Diese Diskrepanz kann zu Doppelbesteuerungseffekten führen, da der Zinsabzug in Deutschland begrenzt wird, selbst wenn ein höherer, fremdüblicher Fremdkapitalzinssatz vorliegt.

Die Zinshöhenschranke verkennt im Grundsatz auch den Gedanken des Europäischen Gerichtshofs zum Hornbachurteil (C-382/16 v. 31.5.2018). Der EuGH sieht es als fremdvergleichsüblich an, dass eine Finanzierung von verbundenen Unternehmen auch auf Basis betriebswirtschaftlich notwendiger Maßnahmen möglich sein muss, obwohl diese Maßnahmen „ungewöhnlichere“ Verrechnungspreise bedingen.

Die Gegenbeweismöglichkeit durch den Steuerpflichtigen erfordert einen Nachweis, der über die übliche Darlegung einer fremdüblichen Gestaltung hinausgeht. Es ist also jetzt schon damit zu rechnen, dass in zukünftigen Betriebsprüfungen die Zinshöhenschranke zu umfassenden Diskussionen mit der Finanzverwaltung führen wird.

Schlussfolgerung und Beratungshinweise

Die geplante Einführung der Zinshöhenschranke gemäß §4l EStG-E verdeutlicht die anhaltenden Bemühungen, einen angemessenen Verrechnungspreis (Zinssatz) einfach vorzugeben. Die vorgeschlagenen Regelungen zielen aber wohl eher darauf ab, Zinsaufwendungen in Deutschland zu begrenzen, die auf überhöhten Zinssätzen beruhen oder die im Zusammenhang mit hohen Refinanzierungszinssätzen bzw. schwierigen Eigenfinanzierungen bei lokalen Finanzinstituten stehen.

Wird der Gesetzesentwurf in das deutsche Einkommenssteuergesetz fließen, wird dies starke Auswirkungen auf konzerninterne Finanzierungen haben. Wir raten somit frühzeitig, die konzerninternen Finanzierungs- und Verrechnungspreisstrukturen der Finanzierungsparteien des Konzerns zu überprüfen, um nicht in eine Zinshöhendebatte mit der deutschen Finanzverwaltung spätestens in einer zukünftigen Betriebsprüfung zu geraten.

Wir empfehlen zudem, die aktuell vereinbarten Finanzierungsverträge sowie die steuerlichen Auswirkungen auf den Darlehensgeber, wie auch auf den Darlehensnehmer, bereits jetzt zu überprüfen und wo notwendig anzupassen.

Es sollte nicht unberücksichtigt bleiben, dass internationale Finanzierungsformen oft komplexen multinationalen Zusammenhängen und Rechtsgrundlagen unterliegen. Diese Finanzierungsformen lassen sich oft nur schwer kurzfristig anpassen.

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