Wegweisendes Urteil zu den Voraussetzungen einer Funktionsverlagerung
Das Finanzgericht hatte in einer aktuellen Entscheidung zu klären, ob im Rahmen der Schaffung einer europäischen Prinzipal-Struktur eine Funktionsverlagerung von einer deutschen auf eine schweizerische Entrepreneurgesellschaft stattgefunden hat.
Funktionsverlagerung ohne Verlagerung von Wirtschaftsgütern?
Im entschiedenen Fall ging es um eine deutsche Gesellschaft (Klägerin), die als Lizenzhersteller tätig war. Sie nutzte Patente, Designs und Markenrechte, die ihr seit 2009 im Rahmen eines nicht ausschließlichen Lizenzvertrages von der amerikanischen Konzerngesellschaft B zur Verfügung gestellt worden waren. Zum Ende der Grundlaufzeit am 01.01.2013 wurde der Lizenzvertrag durch B fristgerecht gekündigt.
Mit Einführung der europaweiten Prinzipal-Struktur wurde die deutsche Klägerin auf einen Auftragsfertiger reduziert und neue Auftragsfertigungsverträge wurden mit der Schweizer Prinzipalgesellschaft abgeschlossen.
Ab Januar 2011 wurde der Vertrieb in Deutschland von einer deutschen Vertriebsgesellschaft übernommen, die als „Limited Risk Distributor“ unter der Leitung der Schweizer Prinzipalgesellschaft agierte.
Die Vergütung für die Auftragsfertigung erfolgte nach der Kostenaufschlagsmethode, während die Vertriebsfunktion auf Basis der transaktionalen Nettomargen-Methode (TNMM) vergütet wurde. Im Rahmen der Umstellung erhielten die deutschen Unternehmen Ausgleichszahlungen für ihre Teilnahme am Prinzipalmodell. Diese Zahlungen wurden durch eine Transferpaketbewertung ermittelt, wobei für die Produktionsfunktion ein zweijähriger und für die Vertriebsfunktion bzw. den deutschen Kundenstamm ein fünfjähriger Kapitalisierungszeitraum zugrunde gelegt wurde.
Die Finanzverwaltung ging im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der Umstellung auf die Prinzipalstruktur von einer Funktionsverlagerung aus und errechnete auf der Grundlage eines unendlichen Kapitalisierungszeitraums eine Verlagerungspauschale. Der gegen die geänderte Steuerfestsetzung eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.
Entscheidung des Finanzgerichts
Das Finanzgericht verneinte in Übereinstimmung mit seiner früheren Rechtsprechung erneut das Vorliegen einer Funktionsverlagerung und sah keinen Grund für die Festsetzung einer verdeckten Gewinnausschüttung.
Es stellte fest, dass im vorliegenden Fall keine Wirtschaftsgüter, Vorteile oder Geschäftschancen übertragen wurden und keine kausale Verbindung zwischen der Übertragung von Vorteilen und der Fähigkeit zur Ausübung relevanter Funktionen bestand.
Das Finanzgericht befand, dass die Ermittlung der Ausgleichszahlungen im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz und zugunsten der operativen Gesellschaften erfolgte, sodass weder eine verdeckte Gewinnausschüttung noch eine Einkünftekorrektur nach § 1 AStG in Betracht komme.
Hinweis: Das Urteil ist zu § 1 AStG a.F. sowie zur alten Funktionsverlagerungsverordnung (FVerlV) ergangen. Die Entscheidung des Finanzgerichts ist jedoch insbesondere vor dem Hintergrund des streitgegenständlichen Sachverhalts von erheblicher Bedeutung für die Praxis. Insofern bleibt die endgültige Entscheidung des BFH mit Interesse abzuwarten.
Ansprechpartner
Haben Sie Fragen oder benötigen Sie Unterstützung?
Wenden Sie sich gerne an unseren Spezialisten oder nehmen Sie Kontakt mit uns auf.