Übergang des Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft

Erstmals hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) zur Bedeutung der sogenannten Unternehmensidentität im Kontext des Übergangs eines vorgetragenen Gewerbeverlustes geäußert. Im entschiedenen Fall ging es um die vollständige Einbringung des Betriebs einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft. Der BFH hat in seiner Entscheidung den Übergang des Verlustes bejaht.

In entschiedenen Fall brachte eine nach amerikanischem Recht gegründete Limited Liability Company (LLC) ihre deutsche Betriebsstätte in eine deutsche Personengesellschaft (GmbH & Co. KG) ein. Die Kapitalgesellschaft verfügte über vortragsfähige Gewerbeverluste gem. § 24 UmwStG. Die übernehmende Personengesellschaft, bei der die LLC als alleinige Kommanditistin und Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH fungierte, führte den Betrieb in Deutschland fort. Nach der Einbringung betätigte sich die LLC nicht mehr eigenständig gewerblich in Deutschland, sondern beschränkte sich auf ihre Rolle als Mitunternehmerin in der KG.

Unternehmensidentität

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist für die Geltendmachung eines Gewerbeverlustes sowohl die Unternehmensidentität als auch die Unternehmeridentität erforderlich.

Der Begriff der Unternehmensidentität bedeutet, dass der im Abzugsjahr bestehende Gewerbebetrieb mit dem im Verlustentstehungsjahr bestehenden Gewerbebetrieb identisch sein muss. Dieses Erfordernis ergibt sich aus dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer, der es im Gewerbesteuerrecht nicht zulässt, dass Verluste eines bestimmten Gewerbebetriebs nach § 2 Abs. 1 GewStG bei einem anderen Gewerbebetrieb berücksichtigt werden.

Das Finanzamt entschied, dass die Unternehmensidentität nicht gegeben sei, und verweigerte daher den Verlustübergang gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG (Gewerblichkeitsfiktion einer Kapitalgesellschaft). Gemäß dieser Entscheidung könne lediglich die Kapitalgesellschaft (LLC) selbst ihren Verlust weiterhin vortragen und mit positiven Gewerbeerträgen aus ihrer zukünftigen Tätigkeit verrechnen.

Entscheidung des BFH

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 01.02.2024 (IV R 26/21) der Ansicht der Finanzverwaltung widersprochen. Bei einer Personengesellschaft sei darauf abzustellen, ob die tatsächlich ausgeübte gewerbliche Betätigung die gleiche geblieben sei. Bei einer Kapitalgesellschaft, die eine betriebliche Einheit auf einen anderen Rechtsträger überträgt, stelle sich das Problem der Unternehmensidentität hingegen nicht, weil deren Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 S. 1 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gelte.

Eine weitere Voraussetzung für den Verlustabzug gemäß § 10a GewStG sei die persönliche Betroffenheit des Gewerbetreibenden durch den Verlust (Unternehmeridentität). Bei einem Wechsel des Unternehmers entfalle dieser Abzug (§ 10a S. 8 in Verbindung mit § 2 Abs. 5 GewStG). Bei Personengesellschaften sei die Unternehmeridentität von der Identität der Gesellschafter abhängig, sodass ein Wechsel der Gesellschafter den Verlustabzug beeinträchtigen könne. Bei Kapitalgesellschaften bleibe die Unternehmeridentität erhalten, wenn trotz eines Umwandlungsvorgangs ihre rechtliche Identität gewahrt bleibe.

Da es sich bei der Klägerin um eine Personengesellschaft handele, sei das Merkmal der Unternehmensidentität im Ausgangspunkt nach den für Personengesellschaften geltenden Rechtsgrundsätzen zu beurteilen.

Überträgt die Kapitalgesellschaft ihren gesamten Betrieb auf eine Personengesellschaft, unterhält sie nach der Einbringung gewerbesteuerrechtlich keinen (identischen) Gewerbebetrieb im Sinne des Merkmals der Unternehmensidentität mehr. Ihre zivilrechtliche Existenz reicht dafür nicht aus.

Dem stehe nicht entgegen, dass die Kapitalgesellschaft im Zuge der Einbringung des Betriebs Mitunternehmeranteile erwerbe. Darin liege – im Hinblick auf das Merkmal der Unternehmensidentität – keine relevante Tätigkeit. Der Betrieb der Kapitalgesellschaft sei nach der Einbringung nur noch eine „leere Hülle“.

Mit der Annahme der Unternehmensidentität bei der übernehmenden Personengesellschaft geht einher, dass der vortragsfähige Gewerbeverlust auf der Ebene der Kapitalgesellschaft auch nicht mehr wahlweise genutzt werden kann. Er „geht“ in vollem Umfang auf die Personengesellschaft über. Eine „doppelte“ Unternehmensidentität ist mit der Systematik des gewerbesteuerlichen Verlustabzugs nach § 10a GewStG nicht vereinbar.

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