EuGH zur Bekämpfung aggressiver Steuerplanung

In einem kürzlich ergangenen Urteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Gültigkeit verschiedener Bestimmungen der EU-Richtlinie zur Bekämpfung der aggressiven Steuerplanung bestätigt.

Eine EU-Richtlinie sieht vor, dass alle Intermediäre, die an potenziell aggressiven grenzüberschreitenden Steuergestaltungen beteiligt sind (die insbesondere zu Steuerumgehung und -hinterziehung führen können), und, falls es keine Intermediäre gibt, der Steuerpflichtige solche Gestaltungen den zuständigen Steuerbehörden melden müssen.

Anrufung des belgischen Verfassungsgerichtshof

Im Jahr 2020 haben Verbände von Steueranwälten und Steuerberatern sowie Anwaltskammern den belgischen Verfassungsgerichtshof angerufen. Sie sind der Ansicht, dass das belgische Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie für nichtig erklärt werden müsse, da die Richtlinie gegen eine Reihe von Bestimmungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und gegen allgemeine Grundsätze des Unionsrechts verstoße.

Der Verfassungsgerichtshof hat beschlossen, dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Entscheidung des EuGH

Der EuGH stellte fest, dass die Meldepflicht nach der Richtlinie nicht auf die Gesellschaftssteuer beschränkt ist und dass dies im Einklang mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung sowie mit der Charta der Grundrechte steht. Die Bestimmungen der Richtlinie seien hinreichend klar und präzise, so dass die Rechtssicherheit gewahrt sei. Die Meldepflicht stelle einen Eingriff in die Privatsphäre der Intermediäre und der Steuerpflichtigen dar, sei aber klar definiert.

Das EuGH-Urteil vom 08.12.2022 (C-694/20) besagt darüber hinaus, dass die Verpflichtung eines Rechtsanwalts, andere Intermediäre über ihre Meldepflicht zu informieren, gegen das Berufsgeheimnis verstößt, wenn der Rechtsanwalt selbst aufgrund seiner Verschwiegenheitspflicht von der Meldepflicht befreit ist. Das Urteil gilt nur für Rechtsanwälte i.S.d. Richtlinie zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, und nicht für andere vertretungsberechtigte Berufsangehörige. Die besondere Vertraulichkeit der Beziehung zwischen Anwalt und Mandant wird aufgrund der besonderen Rolle des Anwalts anerkannt.

Die Meldepflicht für Intermediäre, die nicht durch das Berufsgeheimnis geschützt sind, und die subsidiäre Meldepflicht für Steuerpflichtige stellen einen verhältnismäßigen und gerechtfertigten Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens dar.

Hinweis: Die nationalen Gerichte der EU-Mitgliedstaaten können dem EuGH Fragen zur Auslegung des Unionsrechts oder zur Gültigkeit von EU-Rechtsakten vorlegen, wenn sie diese in einem Rechtsstreit zu klären haben. Der EuGH gibt eine Auslegung, entscheidet aber nicht über den konkreten Fall, mit dem das nationale Gericht befasst ist. Die Entscheidung des EuGH ist auch für andere nationale Gerichte bindend. 

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