Erleichterungen bei Anwendung des 90 %-Verwaltungsvermögenstests

Die obersten Finanzbehörden der Länder haben sich zu den Auswirkungen des BFH-Urteils zur Anwendung des 90 %-Tests bei Gewerbebetrieben geäußert und unter bestimmten Voraussetzungen die Verrechnung betrieblich veranlasster Schulden mit Finanzmitteln zugelassen.

Nach einer Entscheidung des BFH (Urteil vom 13.09.2023, II R 49/21) sind bei typischen Handelsunternehmen, deren begünstigungsfähiges Vermögen aus Finanzmitteln besteht und die nach ihrem Hauptzweck einer gewerblichen Tätigkeit dienen, für Zwecke des 90 %-Tests im Rahmen der Schenkungsteuer (§ 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG) die betrieblich veranlassten Schulden von den Finanzmitteln abzuziehen. 

Reaktion der Finanzverwaltung

Die Finanzverwaltung hat auf dieses Urteil mit einem gleichlautenden Ländererlass vom 19.06.2024 reagiert. Darin wird klargestellt, dass das Urteil, das sich auf die schenkweise Übertragung von Anteilen an einem Gewerbebetrieb (Kapitalgesellschaft) bezog, sowohl für die Erbschaftsteuer als auch für andere Rechtsformen des nach § 13b Abs. 1 Nr. 1 und 2 ErbStG begünstigten Vermögens gilt und nicht auf typische Gewerbebetriebe beschränkt ist. 

Voraussetzung für die Anwendung der einschränkenden Auslegung des 90 %-Tests nach § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG ist, dass das begünstigungsfähige Vermögen des Betriebs oder der nachgeordneten Gesellschaften im Sinne der §§ 13 Abs. 1, 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG überwiegend einem entsprechenden Zweck dient.

Die obersten Finanzbehörden der Länder haben klargestellt, dass bei der Berechnung des Verwaltungsvermögens für den 90 %-Test junge Finanzmittel nicht abgezogen werden dürfen und der Sockelbetrag von 15 % des festgestellten Werts des Betriebsvermögens nicht von den Finanzmitteln abgezogen wird. 

Ferner wird darauf hingewiesen, dass die Anwendung des § 42 AO nicht ausgeschlossen ist. Liegt eine missbräuchliche Gestaltung vor, um die begünstigende Anwendung des 90 %-Tests zu erlangen, ist eine Saldierung von Schulden und Finanzmitteln unzulässig.

Hinweis: Die Schuldenverrechnung führt in der Praxis dazu, dass zahlreiche Unternehmen, die die Verschonung für Betriebsvermögen nicht in Anspruch nehmen konnten, steuerlich nun begünstigt werden können. Der Erlass ist auf alle noch offenen Fälle anzuwenden. 

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