Entscheidung des BVerfG zu Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften

Das BVerfG hat am 12.01.2024 entschieden, dass die Vorschrift des § 6 Abs. 5 S. 3 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, soweit sie eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften zum Buchwert ausschließt.

Gemäß § 6 Abs. 5 S. 3 EStG in der Fassung des UntStFG ist es unter bestimmten Bedingungen möglich, Wirtschaftsgüter steuerneutral zum Buchwert zu übertragen, ohne stille Reserven aufzudecken. In der Regelung wird die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht erwähnt. Dies führt nach dem Beschluss des BVerfG (BVerfG-Beschluss vom 28.11.2023, 2 BvL 8/13) zu einer Benachteiligung gegenüber anderen Wirtschaftsguttransfers und verstößt gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), da auch eine Auslegung des Gesetzestextes, dass eine solche Übertragung von der Vorschrift umfasst wird, nicht möglich ist.

Keine „Überführung“ im Sinne des § 6 Abs. 5 S. 1 EStG

Der Transfer eines Einzelwirtschaftsguts zwischen den Gesamthandsvermögen von beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften fällt nach Ansicht des BVerfG nicht unter das Tatbestandsmerkmal der „Überführung“ im Sinne des § 6 Abs. 5 S. 1 EStG. Der Gesetzgeber hat den Begriff der Überführung bewusst als Gegenbegriff zur Übertragung definiert, wobei die Überführung Wirtschaftsguttransfers ohne Rechtsträgerwechsel beschreibt und die Übertragung solche mit Rechtsträgerwechsel erfasst. Da bei einem Transfer zwischen Schwesterpersonengesellschaften stets ein Rechtsträgerwechsel stattfindet, kann dieser nicht unter § 6 Abs. 5 S. 1 EStG fallen, ohne die Unterscheidung zwischen Überführung und Übertragung zu unterlaufen.

Auch die Entstehungsgeschichte der Norm spricht gegen eine Auslegung, die die buchwertneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften unter diese Bestimmung fassen würde, da dies im Gesetzgebungsverfahren diskutiert wurde, aber letztlich keine Aufnahme in das Gesetz fand.

Der Transfer von Einzelwirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften fällt weder unter § 6 Abs. 5 S. 1 noch unter S. 3 EStG. Die Gesetzgebung beabsichtigt keine buchwertneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen diesen Gesellschaften, so dass eine Auslegung in dieser Hinsicht ausscheidet.

Auch keine analoge Anwendung

Eine analoge Anwendung von § 6 Abs. 5 EStG in der Fassung des UntStFG ist nach Auffassung des Gerichts ebenfalls nicht möglich. Die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen den Gesamthandsvermögen beteiligungsidentischer Schwesterpersonengesellschaften würde die zulässigen Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung überschreiten, da keine planwidrige Regelungslücke besteht. Die Frage der Buchwertübertragung wurde im Gesetzgebungsverfahren diskutiert, ohne dass eine gesetzliche Regelung zustande kam. Es gibt keine Anhaltspunkte für eine Absicht des Gesetzgebers, diese Frage der Judikative zu überlassen.

Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz

Der § 6 Abs. 5 S. 3 EStG in der Fassung des UntStFG verstößt laut BVerfG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Dieser gebietet, dass wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich behandelt wird. Der Steuergesetzgeber ist an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit gebunden, der die Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausrichtet. Der Ausschluss der Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften verstößt gegen diese Maßstäbe und somit gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Der Ausschluss der steuerneutralen Übertragung zum Buchwert zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften erscheint willkürlich. Denn das gleiche Ergebnis kann durch eine Kombination begünstigter Wirtschaftsguttransfers erreicht werden, was jedoch mit höheren Transferkosten und rechtlichen sowie wirtschaftlichen Risiken verbunden ist. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Einzelschritte zum Buchwert vorgenommen werden können, während eine Direktübertragung zu stillen Reserven führen soll.

Rückwirkende Neuregelung erforderlich

Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber dazu verpflichtet, rückwirkend ab dem 31.12.2000 eine Neuregelung für Übertragungsvorgänge zu treffen. Bis zu deren Inkrafttreten bleibt § 6 Abs. 5 S. 3 EStG i.d.F. des UntStFG anwendbar, jedoch mit der Maßgabe, dass die Vorschrift auch für unentgeltliche Übertragungen von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften gilt.

Hinweis: In laufenden Einspruchsverfahren sollten betroffene Fälle nun auf Basis dieses Beschlusses die Finanzverwaltung um einen geänderten Feststellungsbescheid (Übertragung zum Buchwert ohne Aufdeckung der stillen Reserven) bitten. Wir unterstützen Sie gerne.

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