Das neue Sorgfaltspflichtengesetz in Lieferketten kommt

Am 3. März 2021 hat das Bundeskabinett einen weiteren Schritt in Richtung Sicherung des Gesundheits- und Arbeitsschutzes in globalen Lieferketten unternommen: der Entwurf eines „Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ wurde beschlossen.

Vorausgegangen war ein zähes Ringen zwischen dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), dem Ministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und dem Ministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi).

Regelungsbereich

Im geplanten Gesetz werden die Lieferketten von der Rohstoffproduktion bis hin zum Endprodukt definiert. Die Lieferkette umfasst dabei den gesamten Weg des Produktes mit ggf. mehreren Produzenten oder Lieferanten. Für den Unternehmer bedeutet dies, dass er alle Geschäftsbeziehungen und die Produktionsweisen der Zulieferer in den Blick nehmen muss.

Betroffene Unternehmen

Das Gesetz gilt ab 2023 zunächst für in Deutschland ansässige Unternehmen ab 3000 Beschäftigten. Ab 2024 kommen dann auch die Unternehmen mit einer Beschäftigtenzahl ab 1000 hinzu.

Aber auch für Unternehmen, die nicht in den direkten Anwendungsbereich fallen, ist das Gesetz von Bedeutung, z. B. für Zulieferer eines von der gesetzlichen Regelung betroffenen Unternehmens. Zwar unterliegen sie noch nicht direkt den gesetzlichen Verpflichtungen oder können mit Bußgeldern belegt werden. Durch die bereits jetzt geplante Evaluierung des erreichten Schutzes und der Diskussion über die Absenkung des Schwellenwertes kann sich der Bereich der direkt betroffenen Unternehmen aber schnell ausweiten.

Abzuwarten bleibt auch die Verabschiedung eines EU-Rechtsaktes. So wurde bereits 2014 die „Richtlinie zur Erweiterung der Berichterstattung von großen kapitalmarktorientierten Unternehmen, Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Versicherungsunternehmen“ verabschiedet (sog. CSR‐Richtlinie). In Deutschland wurde sie über Regelungen im HGB umgesetzt, die für Kapitalgesellschaften mit mehr als 500 Mitarbeitern eine Verpflichtung zur nichtfinanziellen Erklärung über Maßnahmen zum Umweltschutz, Arbeitnehmerschutz, zur Achtung der Menschenrechte und zum sozialen Engagement begründet.

Pflicht zum Risikomanagement

Die betroffenen Unternehmen müssen entlang der gesamten Lieferkette ein System zur Überprüfung der Zustände beim eigenen Unternehmen und bei den direkten Zulieferern installieren. Dazu gehört zunächst die Durchführung einer Risikoanalyse, das heißt, dass alle Risiken in der Lieferkette ermittelt und bewertet werden. Risikofelder sind insbesondere Kinderarbeit, Diskriminierung oder problematische Arbeitsbedingungen und Umweltschädigungen. Wurden hohe Risiken in den genannten Bereichen festgestellt, müssen die Unternehmen geeignete Maßnahmen treffen, um die Risiken zu minimieren oder zu beheben. Dies kann z. B. durch den Abschluss entsprechender Vereinbarungen geschehen. Sind Verletzungen bereits bekannt geworden oder werden sie bekannt, müssen Abhilfemaßnahmen zur Beendigung oder zur Minimierung getroffen werden. Dies gilt auch dann, wenn diese Verstöße bei mittelbaren Zulieferern bekannt werden. Hierzu reichen Hinweise durch Behörden, Berichte über eine schlechte Menschenrechtslage in der Produktionsregion oder die Zugehörigkeit eines mittelbaren Zulieferers zu einer Branche mit besonderen menschenrechtlichen Risiken aus.

Für die Überwachung der Sorgfaltspflichten muss in den Unternehmen ein Verantwortlicher festgelegt werden. Die Geschäftsleitung ist verpflichtet, sich regelmäßig über die Arbeit zu informieren. Außerdem muss ein Beschwerdeverfahren eingerichtet werden, bei dem Betroffene oder diejenigen, die Kenntnis von Verletzungen haben, auf diese hinweisen können. Einmal im Jahr muss von den Unternehmen ein Bericht über die Sorgfaltspflichten erstellt und beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), welches für die Durchsetzung und Kontrolle der Regeln zuständig ist, eingereicht werden.

Ahndung von Verstößen

Kommt ein Unternehmen seinen Verpflichtungen nicht nach, drohen Bußgelder von bis zu 8 Mio. Euro oder bis zu 2 Prozent des Jahresumsatzes. Der umsatzbezogene Bußgeldrahmen gilt dabei aber nur für Unternehmen mit mehr als 400 Mio. Euro Jahresumsatz. Außerdem können Unternehmen ab einer gewissen Bußgeldhöhe von der Vergabe öffentlicher Aufträge für bis zu drei Jahre ausgeschlossen werden.

Auswirkungen auf die Praxis

Auch wenn im ersten Schritt vermeintlich nur große Unternehmen vom Anwendungsbereich betroffen sind, so ist zu erwarten, dass die Verpflichtungen auf kleinere mittelständische Zulieferer abgewälzt werden. So entsteht rein praktisch ein Handlungsmaßstab, der Auswirkungen auch auf Unternehmen unterhalb der Größenklassen hat.

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