BFH-Urteil zu den Besteuerungsfolgen der unentgeltlichen Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs
Bei der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils an einem Betrieb ist nach § 6 Abs. 3 EStG eine Buchwertfortführung möglich. Diese Regelung, die seit 1999 in Kraft ist, war zuvor in § 7 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) enthalten.
Umstritten war zwischen den Parteien, ob es sich bei der Übertragung der Hälfte des Eigentums der Klägerin um ein nicht steuerbares privates Veräußerungsgeschäft oder um eine steuerbare Veräußerung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG handelt.
Sachverhalt
Die Klägerin war zur Hälfte Eigentümerin eines Hotelgrundstücks. Dieses war ihr und dem Beigeladenen im Wege der Erbfolge zunächst unter Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts für ihren Vater übertragen worden. Mit weiterem Vertrag übertrug der Vater den Hotelbetrieb mit allen Aktiven und Passiven unentgeltlich auf die Klägerin und den Beigeladenen. In der Urkunde wurde der notarielle Vertrag so geändert, dass der Vater auf die Nießbrauchsrechte verzichtete und stattdessen die Zahlung einer Rente von mindestens 5.000 DM monatlich vereinbart wurde.
Im Jahr 2012 wurde die Grundstücks-GbR zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen aufgelöst. Die Klägerin übertrug ihren hälftigen Miteigentumsanteil an dem Hotelgrundstück auf den Beigeladenen.
In der Feststellungserklärung für 2012 (Streitjahr) gab die GbR unter anderem einen nur von der Klägerin erzielten Veräußerungsgewinn in Höhe von rd. 216.000 EUR an. Der Veräußerungsgewinn wurde von dem Finanzamt erklärungsgemäß festgestellt. Der dagegen gerichtete Einspruch der Klägerin wurde vom Finanzamt als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klägerin wandte ein, es habe sich um ein steuerfreies privates Veräußerungsgeschäft gehandelt. Ihr Vater habe das Grundstück durch notariellen Vertrag aus dem Gewerbebetrieb entnommen. Er habe sich durch das Nießbrauchsrecht die Einkunftsquelle erhalten und damit den bisherigen Verpachtungsbetrieb fortgeführt. Die Schenkung des Betriebsgrundstücks sei aufgrund des Vorbehaltsnießbrauchs erfolgt und habe eine Entnahme vorausgesetzt.
Einspruch und Klage gegen die Festsetzung des Veräußerungsgewinns blieben ohne Erfolg. Zur Begründung führte das Finanzgericht aus: Die Klägerin habe im Streitjahr einen Veräußerungsgewinn erzielt. Ihr Vater habe bis zur Übertragung des Gewerbebetriebs auf die Klägerin und den Beigeladenen gewerbliche Einkünfte erzielt. Der Betrieb wurde unentgeltlich auf die Klägerin und den Beigeladen übertragen. Gleichzeitig sei das Verpächterwahlrecht auf diese Personen übergegangen, die keine Betriebsaufgabe erklärt hätten. Die GbR sei erloschen und der Beigeladene Alleineigentümer geworden.
BFH gibt Revision statt
Der BFH gab der Revision statt. Er hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurück.
Während die unentgeltliche Übertragung eines verpachteten Betriebs unter Beachtung der Voraussetzungen einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen von § 7 Abs. 1 EStDV (seit 1999 § 6 Abs. 3 S. 1 EStG) erfasst werde, finde die Norm keine Anwendung auf die unentgeltliche Übertragung eines verpachteten Betriebs unter Vorbehaltsnießbrauch. Diese führe beim Übertragenden nicht zu einer steuerbegünstigten Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 S. 1 EStG), sondern zur Entnahme der übertragenen Wirtschaftsgüter, da die gewerbliche Verpachtungstätigkeit fortgeführt werde.
Beim Tod des Vorbehaltsnießbrauchers gehe ‑ vorbehaltlich einer zuvor von ihm abgegebenen Aufgabeerklärung ‑ sein dann weiterhin bestehender gewerblicher Verpachtungsbetrieb nach § 7 Abs. 1 EStDV bzw. § 6 Abs. 3 S. 1 EStG auf den Erwerber (Erben) über. Zu diesem Zeitpunkt werden die bisher im Privatvermögen des Erwerbers befindlichen Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert in das Betriebsvermögen eingelegt.
Keine abschließende Beurteilung möglich
Der Senat konnte nicht abschließend beurteilen, ob die Voraussetzungen des Sonderrechtsinstituts einer Betriebsübergabe gegen private Versorgungsleistungen vorliegen oder ob doch ein Sachverhalt verwirklicht wurde, der zunächst wie eine unentgeltliche Betriebsübergabe unter Nießbrauchsvorbehalt zu besteuern ist.
Hätten die Vertragspartner nur zum Schein Versorgungsleistungen vereinbart und tatsächlich wie bei einer unentgeltlichen Betriebsübertragung mit Nießbrauchsvorbehalt gehandelt, sei der tatsächliche Sachverhalt steuerlich maßgeblich (§ 41 Abs. 2 AO). Das bedeutet, der Vater hätte die übertragenen Wirtschaftsgüter, insbesondere das Hotelgrundstück, in sein Privatvermögen überführen und die Entnahmen auch versteuern müssen. Eine Buchwertfortführung bei Nachfolgern wäre damit ausgeschlossen gewesen. Es hätte keine Betriebsaufgabe stattgefunden, da der Vater seinen Verpachtungsbetrieb fortgeführt hätte. Mit dem Tod des Vaters wären die Wirtschaftsgüter zum Teilwert ins Betriebsvermögen der GbR eingelegt worden.
Danach hat das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang in tatsächlicher Hinsicht festzustellen, ob eine dem Sonderrechtsinstitut der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen zuzuordnende, tatsächlich vollzogene Vermögensübertragung vorliegt.
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