BFH präzisiert die Zulässigkeit der Kettenzusammenfassung

Das jetzt veröffentlichte Urteil des BFH vom 29.08.2024 schränkt die Voraussetzungen der Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art und damit den Anwendungsbereich der Kettenzusammenfassung ein. Er widerspricht damit der im BMF-Schreiben vom 12.11.2009 vertretenen Auffassung der Finanzverwaltung.

Nach Auffassung des BFH müssen auch bei einer Zusammenfassung von mehr als zwei Betrieben gewerblicher Art (BgA) die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 bis 3 KStG bei jedem der zusammenzufassenden BgA einzeln vorliegen.

Darum ging es 

Die Klägerin und Revisionsbeklagte, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, betreibt u.a. die Wasserversorgung und ein Freibad. Im Jahr 2007 errichtete sie zwei Blockheizkraftwerke (BHKW) zur Beheizung des Freibads. Der Strom wurde verkauft, die Wärme überwiegend vom Freibad und außerhalb der Saison von Kunden im Neubaugebiet genutzt. Die Klägerin verrechnete die negativen Einkünfte aus dem Betrieb des Freibades mit den Einkünften aus der Wasserversorgung und der Strom- und Wärmeerzeugung aus dem Betrieb der BHKW.

Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass zwar der Betrieb des BHKW und die Wasserversorgung aufgrund ihrer Gleichartigkeit als Versorgungsbetriebe i.S.d. § 4 Abs. 6 S. 1 Nr.1 KStG zusammenzufassen seien. Der Betrieb des Freibades sei jedoch ein eigenständiger BgA, der mangels enger gegenseitiger technisch-wirtschaftlicher Verflechtung von einigem Gewicht nicht mit einem anderen BgA zusammengefasst werden könne, da das BHKW lediglich Wärme an das Freibad wie an fremde Dritte liefere und eine bloße – einseitige – Lieferbeziehung hierfür nicht ausreiche. Der Einspruch gegen die geänderten Bescheide blieb erfolglos.

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Es ging davon aus, dass mit dem Betrieb des BHKW, des Freibades sowie der Wasserversorgung jeweils ein eigenständiger BgA vorliege. Diese könnten nach § 4 Abs. 6 S. 1 Nr. 3 und Nr. 2 KStG zusammengefasst werden. In einem ersten Schritt könnten die BgA „BHKW“ und „Wasserversorgung“ als Versorgungsbetriebe zusammengefasst werden. Dieser BgA „BHKW/Wasserversorgung“ könnte dann mit dem BgA „Freibad“1 nach § 4 Abs. 6 S. 1 Nr. 2 KStG zusammengeführt werden. Nach dem BMF-Schreiben vom 12.11.2009 sei es für die Zusammenfassung eines BgA mit einem bereits zusammengefassten BgA ausreichend, wenn die Zusammenfassungstatbestände nur zwischen diesen BgA bestünden. Nach Auffassung des Finanzgerichts besteht zwischen dem BgA Freibad und dem BgA Blockheizkraftwerk eine enge gegenseitige technische und wirtschaftliche Verflechtung.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat die Klage abgewiesen und die Entscheidung des Finanzgerichts aufgehoben. 

Nach § 4 Abs. 6 S. 1 KStG können BgA zusammengefasst werden, wenn eine Gleichartigkeit besteht, eine enge technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht vorliegt oder es sich um bestimmte BgA (z.B. Versorgungsbetriebe) handelt. Eine Kettenveranlagung ist jedoch unzulässig, wenn die Voraussetzungen nicht bei allen BgA gleichzeitig erfüllt sind.

Der BFH hebt in seinem Urteil hervor, dass die Voraussetzungen für eine Zusammenfassung bei mehr als zwei BgA zwischen allen Beteiligten einzeln geprüft werden müssen. § 4 Abs. 6 S. 1 Nr. 2 KStG lasse eine abgestufte Kettenbetrachtung, bei der mehrere BgA gedanklich nacheinander zusammengefasst werden (Kettenzusammenfassung), nicht zu, wenn dies bei einer gleichzeitigen Betrachtung, also in einem Zusammenfassungsvorgang, nicht möglich wäre. Daher müssten auch bei einer Zusammenfassung von mehr als zwei BgA die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 bis 3 KStG jeweils zwischen allen BgA, die zusammengefasst werden sollen, vorliegen.

Eine großzügigere Praxis der Finanzverwaltung, wonach es genüge, wenn die Voraussetzungen nur zwischen einzelnen BgA bestanden, stehe nicht im Einklang mit dem geltenden Recht. 

Hinweis: Das Urteil stellt eine deutliche Einschränkung der bisherigen Vorgehensweise dar und beeinflusst die steuerliche Handhabung von BgA sowie die Gestaltung von Querverbundmodellen. 

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