ViDA: Digitale Meldepflicht für grenzüberschreitende Umsätze vorgestellt
Mit den Maßnahmen soll zum einen das System der Mehrwertsteuer vereinfacht und zum anderen sollen Betrugsmöglichkeiten eingeschränkt werden. Nach Schätzungen der EU sind den Mitgliedstaaten in der Vergangenheit jedes Jahr durch gefälschte Rechnungen und missbräuchliche MwSt.-Forderungen 93 Milliarden Euro an Mehrwertsteuereinnahmen verloren gegangen. Rund ein Viertel ist auf Mehrwertsteuerbetrug innerhalb der EU zurückzuführen. Die Änderungen werden schrittweise umgesetzt. Die Umsetzungsphase soll ab dem 1. Dezember 2024 starten und bis zum 1. Januar 2028 gehen.
Die drei Säulen des ViDA
Die geplanten Änderungen an der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystR) beinhalten vor allem die Einführung von digitalen Meldepflichten auf Basis einer verpflichtenden elektronischen Rechnungsstellung im innergemeinschaftlichen Handel, die Einführung einer einheitlichen Mehrwertsteuerregistrierung für Unternehmen, die nur bestimmte grenzüberschreitende Umsätze tätigen, und die Einführung einer Lieferkettenfiktion bei Online-Plattformen und Online-Marktplätzen.
Digitale Meldepflichten auf Basis elektronischer Rechnungen
Elektronische Rechnungen
Aktuell normiert Art. 218 MwStSystRL, dass sowohl Papierrechnungen als auch elektronisch vorliegende Dokumente als gültiges Rechnungsdokument gelten. Außerdem muss der Rechnungsempfänger dem Erhalt einer E-Rechnung zustimmen.
Durch den Richtlinienvorschlag soll nun schrittweise eine Verpflichtung zur E-Rechnungsstellung eingeführt werden. Geplant ist, dass alle Unternehmen bis zum Jahr 2028 im innergemeinschaftlichen Handel elektronische Rechnungen (E-Invoicing) empfangen und ausstellen, die der europäischen Norm für den elektronischen Rechnungsaustausch (EN 16931) entsprechen.
In einem ersten Schritt soll zum 1. Januar 2024 die Definition einer elektronischen Rechnung in der MwStSystRL geändert werden. Nach der neuen Definition muss eine elektronische Rechnung in einem strukturierten, elektronischen Format ausgestellt und verschickt werden können. Außerdem muss das Format die automatische und elektronische Verarbeitung der Rechnung ermöglichen. Allerdings müssen die Mitgliedstaaten weiterhin Papierrechnungen und Rechnungen in einem elektronisch vorliegenden Format akzeptieren. Art. 218 Abs. 2 MwStSystRL-E eröffnet den Mitgliedstaaten jedoch die Möglichkeit, die E-Rechnung auch für inländische B2B-Transaktionen verpflichtend vorzuschreiben.
Achtung: Nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen Clearing-Systeme, bei denen vor der Übermittlung an den Kunden eine Validierung der Rechnung durch die Steuerbehörden erforderlich ist. Italien oder Polen, die bis zum 1. Januar 2024 bereits eine Ausnahmegenehmigung nach Art. 395 MwStSystRL vorliegen und ein entsprechendes System eingeführt haben, genießen jedoch Bestandsschutz.
Außerdem soll die Zustimmung zum Empfang einer elektronischen Rechnung abgeschafft werden. Somit könnte jeder Unternehmer ab 2024 E-Rechnungen ausstellen, unabhängig davon, ob der Rechnungsempfänger zustimmt oder ob der Mitgliedstaat nun bereits eine E-Rechnungspflicht eingeführt hat oder nicht.
Ab 2028 wird die MwStSystRL dann so angepasst, dass alle Rechnungen über nationale und grenzüberschreitende Lieferungen und Leistungen innerhalb der EU in einem sog. E-Invoicing-Format ausgestellt werden müssen. Eine Ausnahme gilt nur für Lieferungen, die nicht den digitalen Meldepflichten unterliegen, wie z.B. Lieferungen und Leistungen im Inland sowie in Drittländer. Hier können auch Papierrechnungen oder andere Formate (PDF oder andere E-Rechnungsformate) zugelassen werden.
Eine weitere Änderung betrifft den Ausstellungszeitpunkt. Hier soll die MwStSystRL dahin gehend geändert werden, dass für innergemeinschaftliche Lieferungen nach Art. 138 MwStSystRL und für Lieferungen und Dienstleistungen, für die der Leistungsempfänger nach Art. 194 und 196 MwStSystRL die Steuer schuldet, die Rechnung innerhalb von zwei Tagen ab dem Leistungszeitpunkt ausgestellt sein muss. Durch die Verkürzung des Zeitraums soll ein möglicher Mehrwertsteuerbetrug schneller aufgedeckt werden.
Digitales Meldesystem für innergemeinschaftliche Umsätze
Um das Mehrwertsteuersystem an die geänderten Anforderungen des digitalen Zeitalters anzupassen, plant die EU-Kommission, das bisherige System der Zusammenfassenden Meldungen bis zum Jahr 2028 durch ein digitales Meldesystem für innergemeinschaftliche Umsätze zu ersetzen.
Von der digitalen Meldepflicht sollen die innergemeinschaftlichen Lieferungen und Dienstleistungen umfasst sein, für die bisher ebenfalls bereits Zusammenfassende Meldungen eingereicht werden müssen. Neben innergemeinschaftlichen Lieferungen betrifft dies auch Dienstleistungen, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet, wenn der Erbringer der Leistung nicht im Mitgliedstaat der Besteuerung ansässig ist. Außerdem sollen Umsätze, die der Umkehrung der Steuerschuldnerschaft unterliegen, in das System einbezogen werden. Diese Einbeziehung soll bereits ab Januar 2025 gelten.
Mit dem neuen Meldesystem sind folgende Anforderungen verbunden:
- Für jeden Umsatz sind entsprechende Informationen zu übermitteln. Das System der monatlichen Sammelrechnungen entfällt.
- Übermittelt werden müssen alle aktuellen Rechnungspflichtangaben sowie ein Bankkonto, auf dem die Zahlung der Rechnung gutgeschrieben werden soll, das Zahlungsdatum und der Betrag jeder Zahlung. Im Fall einer Rechnungsänderung ist auch die ursprüngliche Rechnungsnummer mitzuteilen.
- Die Frist für die Meldung der Informationen beträgt zwei Arbeitstage nach Ausstellung der Rechnung bzw. nach dem Zeitpunkt, an dem die Rechnung hätte ausgestellt werden müssen. Die Meldung hat somit spätestens vier Tage nach der Leistungserbringung zu erfolgen.
- Die Daten können direkt vom Steuerpflichtigen oder über einen Dritten in seinem Namen übermittelt werden. Die Übermittlung muss im europäischen Standard für E-Rechnungen (Richtlinie 2014/55/EU) erfolgen. Allerdings können die Mitgliedstaaten noch weitere E-Rechnungsformate zulassen.
- Die Datenübermittlung muss elektronisch erfolgen, die Systeme werden von den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt.
Einführung einer einzigen EU-weiten Mehrwertsteuerregistrierung
Nach den Plänen der EU-Kommission sollen sich Unternehmen mit Kunden in anderen Mitgliedstaaten für die gesamte EU nur einmal für Mehrwertsteuerzwecke registrieren müssen. Dies würde den Aufwand für Unternehmen mit grenzüberschreitendem Warenverkehr erheblich erleichtern. Unternehmer wären zu-künftig nur noch in ihrem Ansässigkeitsstaat registrierungspflichtig.
Mehrwertsteuervorschriften für Plattformen
Betreiber von Plattformen für die kurzfristige Beherbergung und Personenbeförderung werden künftig dafür zuständig sein, die Mehrwertsteuer zu erheben und an die Steuerbehörden abzuführen, wenn die Dienstleistungserbringer dies nicht tun.
Auswirkungen auf die Praxis
Um insbesondere die kurzen Fristen einhalten zu können, müssen in vielen Unternehmen die Prozesse zur Rechnungserstellung umgestaltet werden. Dies wird insbesondere KMU vor große Herausforderungen stellen. Es ist aber auch eine Chance, die Prozesse rund um die Lieferung zu überprüfen und effizienter zu gestalten. Ohne eine Umstellung der IT-Systeme wird dies kaum möglich sein, da eine Meldung alle zwei Tage nicht mehr in einem manuellen Prozess abgebildet werden kann.
Da die ersten Umsetzungsschritte schon ab dem Jahr 2024 geplant sind, ist es wichtig, sich frühzeitig auf notwendige Anpassungen vorzubereiten.
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