Verlustabzugsverbot bei Verschmelzung mit steuerlicher Rückwirkung

Das Verlustabzugsverbot des § 4 Abs. 6 S. 6 Alt. 2 UmwStG gilt auch bei nachträglichem Anteilserwerb. Nach Ansicht des BFH sei weder eine teleologische Reduzierung erforderlich, noch bestünden verfassungsrechtliche Zweifel an den Vorschriften.

Die Beteiligten streiten sich darüber, ob gemäß § 4 Abs. 6 des Umwandlungssteuergesetzes in der im Streitjahr 2015 anwendbaren Fassung (UmwStG 2006) die Voraussetzungen für den Abzug eines Übernahmeverlusts aus der Verschmelzung einer GmbH auf ein Einzelunternehmen vorliegen.

Hintergrund des Verfahrens

Im Jahr 2016 erwarb der Kläger Anteile an einer GmbH und verschmolz diese mit seinem Einzelunternehmen. Dabei entstand ein Übernahmeverlust, der im Wesentlichen aufgrund niedriger Bewertung von Pensionsrückstellungen zu Stande kam. Der Kläger beantragte den Abzug dieses Verlusts in seiner Einkommensteuererklärung für 2015, wurde jedoch vom Finanzamt unter Verweis auf § 4 Abs. 6 S. 6 Alt. 2 UmwStG abgelehnt. Der Einspruch und die Klage vor dem Finanzgericht blieben erfolglos.

Kläger rügt Verletzung von Bundesrecht

Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung von Bundesrecht. Das Finanzgericht habe § 4 Abs. 6 S. 6 Alt. 2 UmwStG 2006 beziehungsweise § 7 S. 1 UmwStG 2006 unzutreffend ausgelegt und sich nicht ausreichend mit der Besteuerung offener Rücklagen auseinandergesetzt, die größtenteils auf der Bewertung einer Pensionsrückstellung unterhalb des gemeinen Wertes beruhen. Er argumentiert, dass eine teleologische Reduktion erforderlich sei, um sicherzustellen, dass die Einmalbesteuerung der offenen Rücklagen gewährleistet wird.

Ferner sei die Pensionsrückstellung zu niedrig gewesen, um der tatsächlichen Pensionsverpflichtung nachzukommen. Der Differenzbetrag zwischen handels- und steuerbilanzieller Pensionsrückstellung habe nicht für Ausschüttungen zur Verfügung gestanden und sollte nach Ansicht des Klägers nicht gemäß § 7 UmwStG 2006 besteuert werden. Stattdessen sollte er bei der Ermittlung des Übernahmeergebnisses uneingeschränkt berücksichtigt werden.

Der Kläger trägt weiterhin vor, dass die Besteuerung dieses Teils der offenen Rücklagen zu einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung führen würde, da dies gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip und somit gegen das Grundgesetz verstoße.

Entscheidung des BFH

Der BFH bestätigte mit Urteil vom 17.08.2023 (III R 37/20) die Rechtsauffassung des Finanzgerichts und des Finanzamts, dass der Verlust außer Ansatz bleibt.

Gemäß § 4 Abs. 6 S. 6 Alt. 2 UmwStG bleibt ein Übernahmeverlust vollständig außer Ansatz, wenn die Anteile an der übertragenden Körperschaft innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag entgeltlich erworben wurden. Obwohl die Anteile an der GmbH erst im Jahr 2016 erworben worden seien und somit nicht innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag 31.12.2015, liege aufgrund der Fiktion des § 5 Abs. 1 UmwStG ein schädlicher Anteilserwerb innerhalb dieses Zeitraums vor. Gemäß § 5 Abs. 1 UmwStG sei der Gewinn des übernehmenden Rechtsträgers so zu ermitteln, als hätte er die Anteile an dem übertragenden Rechtsträger zum steuerlichen Übertragungsstichtag angeschafft.

Auch seien weder eine teleologische Reduktion des § 4 Abs. 6 S. 6 Alt. 2 UmwStG 2006 noch des § 7 UmwStG 2006 geboten. Die teleologische Reduktion einer Gesetzesbestimmung ziele darauf ab, den Geltungsbereich der Norm mit Rücksicht auf ihren Zweck gegenüber ihrem zu weit gefassten Wortlaut einzuschränken. Sie sei jedoch nicht schon dann gerechtfertigt, wenn die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung rechtspolitisch fehlerhaft erscheine. Das durch den Gesetzgeber bewusst angeordnete "Außer-Ansatz-Bleiben" des Übernahmeverlusts bewirke kein sinnwidriges, sondern ein dem Zweck des Gesetzes entsprechendes Ergebnis. Bereits bei der Vorgängervorschrift des § 4 Abs. 6 UmwStG 2002 (UmwStG 1995 i.d.F. des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 23.10.2000) habe der BFH eine teleologische Reduktion verneint.

Auch war der BFH von der Verfassungswidrigkeit des § 4 Abs. 6 S. 6 Alt. 2 UmwStG und § 7 UmwStG nicht überzeugt. Der Kläger habe keinen Verstoß gegen die Verfassung oder Gleichheitsgrundsätze aufgrund einer konkreten Mehrfach- oder Doppelbelastung nachweisen können.

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