Überprüfung des steuerlichen Querverbundes

In seinem Beschluss vom 31.01.2024 (V R 43/21) äußerte der BFH Zweifel an der vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) anerkannten Kettenzusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art. Er hat daher das Ministerium aufgefordert, dem Revisionsverfahren beizutreten.

Gemäß § 4 Abs. 6 S. 1 KStG kann ein Betrieb gewerblicher Art (BgA) mit einem oder mehreren anderen BgA zusammengefasst werden, sofern diese gleichartig sind, zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht gegeben ist oder wenn BgA im Sinne des § 4 Abs. 4 KStG (Versorgungs-, Verkehrs- oder Hafenbetrieb) vorliegen.

Anhängiges Revisionsverfahren

Die Klägerin, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, ist u.a. für die Wasserversorgung sowie den Betrieb eines Freibads zuständig. Im Jahr 2007 ersetzte sie die alte Kesselanlage des Freibads durch ein Blockheizkraftwerk (BHKW I), welches mit Biogas betrieben wird. Das BHKW II an einer anderen Stelle erzeugt die nötige Wärme. Der erzeugte Strom wird an die Stadtwerke verkauft. Das BHKW I wärmte das Freibad von Mai bis September, während es in den Wintermonaten ein Neubaugebiet versorgte.

Unter der Prämisse, dass ein BgA „Versorgung” bestehe, zu dem das Freibad, die BHKW und die Wasserversorgung gehören sollten, hat die Klägerin in ihren abgegebenen Erklärungen zur Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Streitjahre die negativen Einkünfte aus dem Betrieb des Freibades mit den Einkünften aus der Wasserversorgung und der Strom- und Wärmeerzeugung aus dem Betrieb der BHKW verrechnet.

Das Finanzamt bestritt die Verrechnung der Freibadverluste mit anderen Einkünften, da es keine technisch-wirtschaftliche Verflechtung sah. Das FG Schleswig-Holstein entschied zugunsten der Klägerin. Das Finanzamt legte gegen die Entscheidung Revision ein. Es macht geltend, dass das Finanzgericht zu Unrecht angenommen habe, dass eine wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung im Sinne von § 4 Abs. 6 S. 1 Nr. 2 KStG zwischen dem BgA Freibad und dem BgA BHKW („Versorgung“) vorgelegen habe. Außerdem habe das Finanzgericht ausschließlich die Sicht des Freibades betrachtet und das entsprechende BMF-Schreiben fehlerhaft angewandt.

Zweifel an der Auslegung von 4 Abs. 6 Satz 1 KStG

Der seit Anfang des Jahres zuständige V. Senat äußert Zweifel an der Auffassung des BMF zur Anwendung von § 4 Abs. 6 KStG.

Die Finanzverwaltung verlangt für die Anwendung von § 4 Abs. 6 KStG bislang keine organisatorische Verflechtung, sondern lässt es ausreichen, dass zur Ausübung des steuerlichen Wahlrechts für den zusammengefassten BgA lediglich eine eigenständige Gewinnermittlung vorgenommen wird. Zudem erkennt das BMF die Kettenzusammenfassung mehrerer BgA an und sieht es als ausreichend an, dass die Zusammenfassungsvoraussetzungen nur zwischen dem zusammenzufassenden und einem der bereits zusammengefassten BgA vorliegen.

Der BFH möchte mit dem BMF abklären, ob eine zweistufige Zusammenfassung gemäß § 4 Abs. 6 S. 1 KStG möglich ist. Dabei ist fraglich, ob die Voraussetzungen des Gesetzes bei der Zusammenfassung im zweiten Schritt zu beiden bereits zusammengefassten Betrieben gewerblicher Art (BgA) erfüllt sein müssen oder nur zu einem davon.

Insbesondere geht es darum, ob im vorliegenden Fall der BgA Freibad unabhängig voneinander mit dem BgA BHKW und dem BgA Wasserversorgung technisch-wirtschaftlich verflochten sein muss, oder ob eine Zusammenfassung jeweils nur mit einem dieser BgA möglich ist. Je nach Auslegung könnte die Reihenfolge der Schritte entscheidend dafür sein, ob eine Zusammenfassung möglich ist oder nicht. Es könnte auch Situationen geben, in denen drei BgA leichter zusammenzufassen wären als nur zwei.

Der BFH stellt zudem die Frage, ob eine Zusammenfassung ohne organisatorische Verflechtung der zusammenzufassenden BgA gemäß § 4 Abs. 6 S. 1 KStG möglich ist. Obwohl das BMF-Schreiben vom 12.11.2019 besagt, dass eine organisatorische Verflechtung nicht erforderlich ist, hatte die Rechtsprechung vor der Einführung von § 4 Abs. 6 KStG eine abweichende Position. Daher stellt der BFH die Frage, ob das Gesetz dieses Erfordernis weiterhin impliziert oder ob die frühere Rechtsprechung für vergangene Fälle nicht mehr relevant ist.

Hinweis: Der Ausgang des Verfahrens kann große Auswirkungen auf den steuerlichen Querverbund und die Steuerquote haben. Davon betroffen sind nicht nur Betriebe gewerblicher Art, sondern auch Stadtwerke-Konzerne.

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