Keine erweiterte Kürzung bei vollständigem Grundbesitzverkauf im Erhebungszeitraum

Nach einer Entscheidung des BFH kann eine Kapitalgesellschaft die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG nicht in Anspruch nehmen, wenn sie ihren gesamten Grundbesitz einen Tag vor Ablauf des Erhebungszeitraums veräußert hat, da sie in dem Fall nicht ausschließlich grundstücksverwaltend tätig war.

Nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG wird der Gesamtbetrag des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden, der Grundsteuer unterliegenden Grundbesitzes gekürzt. Dies wird als einfache Kürzung bezeichnet. Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG kann bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder bestimmte Bautätigkeiten ausüben, auf Antrag der Gewerbeertrag um den auf den Grundbesitz entfallenden Teil gekürzt werden (erweiterte Kürzung). Voraussetzung ist, dass das Unternehmen, mit Ausnahme unschädlicher Nebentätigkeiten und gesetzlich zulässiger Ausnahmen, ausschließlich eigenen Grundbesitz bewirtschaftet und nutzt.

Darum ging es

Die Klägerin, eine 2013 gegründete GmbH, befasst sich mit dem Erwerb, der Verwaltung und der Veräußerung von Immobilien sowie mit Baumaßnahmen auf fremden Grundstücken. In den Jahren 2013 und 2015 erwarb sie jeweils eine Immobilie und veräußerte diese im Folgejahr. Der Übergang von Nutzen und Lasten für das 2015 erworbene Objekt war für den 31.12.2016 vorgesehen.

In ihrer Gewerbesteuererklärung beantragte die Klägerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG. Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, dass der Hauptzweck der Klägerin im An- und Verkauf von Grundstücken und nicht in deren Verwaltung liege. Auch die einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG wurde nicht gewährt. Die dagegen vor dem Finanzgericht erhobene Klage war erfolgreich.

Entscheidung des BFH

Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts auf und änderte den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag dahingehend, dass die erweiterte Kürzung versagt, die einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG jedoch gewährt wurde.

Nach Auffassung des BFH habe das Finanzgericht zu Unrecht entschieden, dass der Klägerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG zustehe. Sie könne aber die einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG in Anspruch nehmen, die das Finanzamt bisher nicht berücksichtigt habe.

Voraussetzung für die erweiterte Kürzung sei, dass die Gesellschaft während des gesamten Erhebungszeitraums ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalte und nutze. Bereits die vorübergehende Ausübung nicht begünstigter Tätigkeiten führe zum Ausschluss der Kürzung. Der Erhebungszeitraum entspricht grundsätzlich dem Kalenderjahr, es sei denn, die Steuerpflicht ende vorzeitig.

Da die Klägerin ihr einziges Grundstück mit Wirkung zum Beginn des 31.12.2016 veräußert habe, erfülle sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr die Voraussetzungen der begünstigten Tätigkeit. Eine Ausnahme für Veräußerungen bis zum 31.12. 23:59 Uhr greife hier nicht. Da auch eine Bagatellregelung nicht in Betracht komme, sei das Ausschließlichkeitskriterium nicht erfüllt, weshalb die erweiterte Kürzung zu versagen ist.

Hinweis: Die Entscheidung zeigt das Risiko, dass bei der Gestaltung von Grundbesitz-Kaufverträgen die erweiterte Kürzung bei der im Streitfall gewählten Vertragsgestaltung auch dann noch am 31.12. für den gesamten Erhebungszeitraum verloren gehen kann, wenn bis zum 30.12. alle Voraussetzungen erfüllt waren. 

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