Nachträgliche Änderung der Gewinnermittlungsart

Nach einer Entscheidung des BFH bleibt der Steuerpflichtige an die einmal getroffene Wahl für den betreffenden Gewinnermittlungszeitraum gebunden, es sei denn, er legt eine Änderung der bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse und einen wirtschaftlich vernünftigen Grund für den Wechsel dar.

Die Parteien streiten darüber, ob ein Steuerpflichtiger sein Wahlrecht hinsichtlich der Gewinnermittlungsart zur Glättung von Mehrergebnissen aus einer Betriebsprüfung auch noch nach Bestandskraft der ursprünglichen Veranlagung im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den Änderungsbescheid erneut ausüben kann.

Hintergrund

Nach § 4 Abs. 1 S. 1 EStG ist der steuerlich relevante Gewinn durch einen Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln. Gewinn ist demnach der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt durch den Wert der Entnahmen und gemindert durch den Wert der Einlagen. Abweichend von dieser Regelung können Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und dies auch nicht tun, den Gewinn als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen (§ 4 Abs. 3 S. 1 EStG).

Erfolg vor dem Finanzgericht

Der Kläger ermittelte seinen Gewinn bis zum Jahr 2011 durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung und ging im Jahr 2012 zur Bilanzierung über. Für das Jahr 2016 reichte er eine Bilanz sowie eine Gewinn- und Verlustrechnung ein, aus der sich ein Gewinn von 20.828 Euro ergab. Das Finanzamt folgte der Erklärung und setzte den Gewerbesteuermessbetrag auf 0 Euro fest. Der Kläger legte dagegen keinen Einspruch ein.

Eine Außenprüfung im Jahr 2019 führte zu einer Korrektur: Das Finanzamt erhöhte den Gewinn auf 33.472 Euro und setzte den Gewerbesteuermessbetrag auf 311 Euro fest. Der Kläger legte Einspruch ein und reichte nachträglich eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) für das Jahr 2016 ein, die einen Gewinn von 21.809 Euro auswies. Das Finanzamt wies den Einspruch zurück, da die Wahl der Gewinnermittlungsart bindend sei.

Das Finanzgericht gab dem Kläger Recht: Er dürfe auch nach Bestandskraft der Bescheide zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung zurückkehren, um Mehrergebnisse auszugleichen. Dies diene der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, deren Bescheide unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangen seien und sei mit dem Rechtsgedanken des § 177 AO zur Berichtigung von materiellen Fehlern vereinbar.

BFH lehnt Änderungsmöglichkeit ab

Der BFH ist der Auffassung des Finanzgerichts nicht gefolgt und hat entschieden, dass die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen. 

Der Kläger erfüllte nach Ansicht des BFH im Streitjahr nicht mehr die Voraussetzungen, um seinen Gewinn durch eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung zu ermitteln, da er sein Wahlrecht bereits ausgeübt hatte, indem er einen Jahresabschluss erstellte.

Entscheidend für die Ausübung des Wahlrechts der Gewinnermittlungsart sei die tatsächliche Handhabung der Gewinnermittlung. Ein nicht buchführungspflichtiger Steuerpflichtiger habe sein Wahlrecht zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich wirksam ausgeübt, wenn er eine Eröffnungsbilanz aufstellt und Abschlüsse macht. Die Einnahmen- und Ausgabenrechnung oder der Betriebsvermögensvergleich gilt als aufgestellt, wenn der Steuerpflichtige sie für endgültig hält. Anhaltspunkte hierfür können sein, dass der Steuerpflichtige die Gewinnermittlung durch Übersendung an das Finanzamt in den Rechtsverkehr bringe.

Der Kläger sei auch an das von ihm ausgeübte Wahlrecht gebunden. Das Gewinnermittlungswahlrecht nicht buchführungspflichtiger Steuerpflichtiger könne zwar nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich unbeschränkt ausgeübt werden. Begrenzt werde die Ausübung des Wahlrechts in formeller Hinsicht jedoch durch die Bestandskraft der betreffenden Bescheide und in materieller Hinsicht durch die jeweiligen Voraussetzungen des Gewinnermittlungswahlrechts. Habe sich der Steuerpflichtige einmal für die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich entschieden, so entfallen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 S. 1 EStG. Die einmal getroffene Wahl der Gewinnermittlungsart könne daher – im Gegensatz zu anderen steuerlichen Wahlrechten – grundsätzlich nicht mehr nachträglich geändert werden.

In Ausnahmefällen erlaube die Rechtsprechung jedoch einen solchen Wechsel und knüpfe dabei an die Grundsätze an, die für den Wechsel der Gewinnermittlungsart in aufeinander folgenden Wirtschaftsjahren gelten. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bleibt der Steuerpflichtige nach einem Wechsel der Gewinnermittlungsart grundsätzlich für drei Wirtschaftsjahre an diese Wahl gebunden; nur bei Vorliegen eines besonderen Grundes kann er vor Ablauf dieser Frist wieder zurückwechseln. Ein mehrfacher Wechsel der Gewinnermittlungsart zum gleichen Zeitpunkt könne zulässig sein, wenn der Steuerpflichtige die Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse und einen wirtschaftlich vernünftigen Grund für den erneuten Wechsel der Gewinnermittlungsart darlege. Gründe für einen Wechsel der Gewinnermittlungsart auf denselben Stichtag können z.B. Besonderheiten bei einem Umwandlungsvorgang sein, nicht jedoch fehlende Kenntnis über steuerliche Folgen des Wahlrechts. Diese begründen keinen Änderungsgrund.

Im vorliegenden Fall habe der Kläger keinen vernünftigen wirtschaftlichen Grund dargelegt, der es rechtfertigen könne, die einmal gewählte Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich für dasselbe Jahr wieder zu ändern. Allein der Umstand, dass der Kläger durch den Wechsel zur Einnahmen- und Ausgabenrechnung eine Gewinnerhöhung aufgrund einer Außenprüfung „glätten“ wollte, reiche hierfür nicht aus.

Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts lasse sich aus § 177 Abs. 1 AO kein anderes Ergebnis herleiten. Der Begriff des sachlichen Fehlers umfasse nach § 177 Abs. 3 AO alle Fehler einschließlich offenbarer Unrichtigkeiten im i.S.d. § 129 AO, die zur Festsetzung einer von der sich aus dem Gesetz ergebenden Steuer abweichenden Steuer führen. 

Der Fehlerbegriff des § 177 AO umfasse jede objektive Unrichtigkeit des aufzuhebenden oder zu ändernden Bescheides. Rechtsfehlerhaft in diesem Sinne sei ein Bescheid nicht nur dann, wenn das geltende Recht unrichtig angewandt worden sei, sondern auch dann, wenn der Steuerfestsetzung ein Sachverhalt zugrunde gelegt worden sei, der sich als unrichtig erweise. Die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und über den Gewerbesteuermessbetrag seien hinsichtlich der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb durch Betriebsvermögensvergleich nicht fehlerhaft. Sie beruhten auf den Steuererklärungen des Klägers, in denen er in zulässiger Weise von seinem Gewinnermittlungswahlrecht Gebrauch gemacht habe, und setzten diese zutreffend und damit fehlerfrei um. 

Anders als das Finanzgericht sieht der BFH auch keine Ungleichbehandlung zwischen formell bestandskräftigen und noch offenen Steuerbescheiden. Unabhängig vom Eintritt der formellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung könne das Wahlrecht zur Gewinnermittlung grundsätzlich nur einmal ausgeübt werden.

Hinweis: Steuerpflichtige sollten die Wahl der Gewinnermittlung sorgfältig prüfen. Eine Rückkehr zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist nur ausnahmsweise möglich, wenn geänderte wirtschaftliche Verhältnisse und ein nachvollziehbarer wirtschaftlicher Grund nachgewiesen werden. Gerne beraten wir Sie! 

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